Reiserecht: Was tun, wenn der Koffer nicht ankommt?

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Für Reisende gilt: Wenn du am Urlaubsziel ankommst, aber dein Gepäck nicht, dann hast du einen Rechtsanspruch auf Schadensersatz. Hierbei ist jedoch einiges zu beachten. Dieser Leitfaden hilft dir dabei, dich im Dschungel des Reiserechts zurechtzufinden und dich dabei nicht von den perfiden Taktiken der Reiseveranstalter und Airlines verunsichern zu lassen.

Erste Hilfe bei Gepäckverlust

Am Traumziel angekommen verlässt du das Flugzeug und wartest an der Gepäckausgabe auf deinen Koffer. Doch dieser kommt nicht. Atme erstmal tief durch und plane deine nächsten Schritte. Lass dich nicht von Flughafenpersonal oder Mitarbeitern des Reiseveranstalters unter Druck setzen. Denn dies hat durchaus System: Fehlt der Koffer, so ist der Reisende unzufrieden. Noch viel schlimmer ist allerdings, dass sich die Airline und/oder der Veranstalter nun Schadensersatzpflichtig gemacht haben. Das Personal ist für diesen Fall in der Regel geschult und wird versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten.

1. Gepäckverlust der Airline melden

Direkt am Flughafen meldest du der Airline den Gepäckverlust. Achte immer darauf eine Kopie oder einen Durchschlag der Verlustmeldung zu bekommen und gib diesen nicht mehr aus der Hand. Am besten machst du sofort ein Foto und noch eine weitere Kopie. Denn dieses Dokument ist wichtig, um beweisen zu können, dass Sie den Verlust des Gepäckstückes gemeldet haben. In der Praxis kommt es leider sehr oft vor, dass diese Verlustmeldungen spurlos verschwinden.
Falls dir die Meldung am Flughafen nicht mehr möglich ist, kannst du die Meldung später per E-Mail nachholen.

2. Gepäckverlust dem Reiseveranstalter melden

Melde als nächstes den Gepäckverlust deinem Reiseveranstalter. Dies kannst du bequem vom Hotel aus per E-Mail tun. Lass dich nicht auf Telefongespräche oder Gespräche mit den Mitarbeitern vor Ort ein. Im Zweifel wirst du die Verlustmeldung beweisen müssen und das geht am einfachsten, wenn du die E-Mail vorlegen kannst.
Vorsicht vor faulen Kompromissen: Es ist nicht deine Aufgabe, dem Gepäck hinterherzulaufen. Darum muss sich der Reiseveranstalter kümmern.

3. Ersatzartikel

Jetzt kannst du damit beginnen, notwendige Ersatzartikel zu beschaffen. Die Kosten werden dir später vom Reiseveranstalter oder der Airline erstattet. Notwendige Ersatzartikel sind Kleidung, Hygieneartikel und Medikamente. Achte darauf, dir immer eine Quittung geben zu lassen und hebe diese gut auf. Die Ausgaben für Ersatzartikel dürfen 1.400 EUR nicht überschreiten.

Urlaub genießen

Jetzt hast du es geschafft und kannst deinen Urlaub genießen. Folge diesen drei Schritten unbeirrbar und lass dich nicht von den Mitarbeitern vor Ort oder im Callcenter verunsichern. Folgende Taktiken der Airlines und Reiseveranstalter sind bekannt:

  1. Verlustmeldungen verschwinden: Wer seine Verlustmeldung nur persönlich oder telefonisch mitteilt, hat doppelte Probleme. Zum einen werden diese Verlustmeldungen oft nicht dokumentiert und später kann sich niemand mehr daran erinnern oder der Mitarbeiter, mit dem du gesprochen hast, ist nicht mehr auffindbar. Zum anderen machst du dich so persönlich anfällig für die Verzögerungstaktiken:
    „Sie müssen 24 Stunden warten, ob der Koffer wieder auftaucht, bevor Sie Ersatzartikel einkaufen dürfen.“
    „Hier ist unser Notfallset bei Kofferverlust. Sie brauchen jetzt keine Ersatzartikel mehr.“
  2. Niemand ist erreichbar oder zuständig: Verschwende deine wertvolle Urlaubszeit nicht mit dem Personal der Airlines oder des Reiseveranstalters. Das kostet dich nur Nerven und Urlaubszeit.
  3. „Holen Sie Ihren Koffer am Flughafen ab.“
    Der Koffer ist also wieder aufgetaucht und man teilt dir mit, dass du ihn nun am Flughafen abholen kannst. Oft wirst du nicht umhinkommen, an den Flughafen zu fahren, da sich der Koffer hinter der Sicherheitskontrolle befindet und nur an dich persönlich herausgegeben werden darf. Nur leider ist der Flughafen Kilometerweit entfernt oder die Fahrten dorthin sehr teuer. Dies dem Reisenden aufzubürden ist ein beliebter Trick. Es ist jedoch ganz klar in der Verantwortung des Veranstalters, dass du dein Gepäck erhältst. Falls sich der Reiseveranstalter partout weigert, den Transfer zu zahlen, lassen dir auf jeden Fall die Quittung für die Fahrten (hin und zurück) geben und reiche diese später als Schadensersatz ein.

Schadensersatz: Airline oder Reiseveranstalter?

Nach deinem Urlaub kümmerst du dich in Ruhe um die Geltendmachung deines Anspruches auf Schadensersatz. Grundsätzlich müssen diese Ansprüche gegenüber dem Vertragspartner eingefordert werden. In der Regel ist das die Fluggesellschaft (§ 613 BGB). Diese ist Ihrer Pflicht, eine sichere und pünktliche Beförderung zu garantieren, nicht nachgekommen, da diese Pflicht auch das Gepäck mit einschließt. Bei Pauschalreisen wird diese Haftung auf den Reiseveranstalter übertragen (§ 651a BGB).

Haftungshöchstgrenze

Trifft das Gepäck verspätet ein, kann der Reisende einmalig für alle seine Koffer Kosten von maximal rund 1.400 Euro beanspruchen (Montrealer Abkommen, Stand Februar 2017).
Bei Pauschalreisen wird bei nicht zur Verfügung stehendem Reisegepäck in der Regel eine Minderung zwischen 20 und 30 % des Tagesreisepreises pro betroffenem Urlaubstag für angemessen erachtet. Der Tagesreisepreis berechnet sich wie folgt: Gesamtreisepreis / Urlaubstage.

Beispiel

Du hast eine 14-tägige Pauschalreise zum Gesamtreisepreis von 1800 € gebucht. Der tägliche Reisepreis beträgt folglich 128,57 €. War dein Gepäck an sieben Tagen davon nicht verfügbar, hast du einen Minderungsanspruch von 225 € (25% des Tagesreisepreises mal Sieben). Hinzu kommt natürlich noch die Erstattung der Ersatzartikel und der sonstigen Kosten.

Schadensersatz einfordern: Ein leidvoller Weg

Bekanntlich versuchen sich Airlines und Reiseveranstalter mit allen Mitteln um die Zahlung der Schadensersatzansprüche zu drücken. Man wird dich hinhalten, Zeit gewinnen, die Schuld von sich weisen. Man spekuliert darauf, den Reisenden zu zermürben, bis dieser die Sache einfach auf sich beruhen lässt.

Lass dich auf diese Spielchen nicht ein. Fordere deinen Vertragspartner schriftlich (am besten per E-Mail) auf, die entstandenen Kosten zu ersetzen und die Reisepreisminderung binnen einer Frist von 14 Tagen zu bezahlen. Nach Fristablauf solltest du umgehend einen Rechtsanwalt einschalten. Ohne anwaltliche Unterstützung wirst du niemals den vollen Betrag erhalten, sondern allenfalls einen Bruchteil. Die Kosten des Rechtsanwalts hat selbstverständlich der Reiseveranstalter zu tragen. Qthority stellt dir kostenlos und unverbindlich von Anfang an einen Rechtsanwalt zur Durchsetzung deiner Ansprüche zur Seite.

Urteilssammlung zur Reisepreisminderung bei Gepäckverlust und Gepäckverspätung:

  • OLG Celle, Urteil vom 1995-05-24 – 11 U 138/94
  • OLG Frankfurt, Urteil vom 1992-11-25 – 19 U 229/91
  • OLG Frankfurt, Urteil vom 1984-04-24 – 11 U 59/83
  • AG Rostock, Urteil vom 2016-08-03 – 47 C 103/16
  • LG Koblenz, Urteil vom 2016-11-07 – 2 S 28/15
  • LG Frankfurt, Urteil vom 2007-06-05 – 2-24 S 44/06

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